Freitag, 21. September 2018

Schlifi und Schlufi 2



Was bisher geschah

Schlifi und Schlufi, die beiden Schildkrötenbrüder sind ausgebüxt. Unter Anleitung des Raben Krah haben sie nach und nach  die Fähiģkeit erworben, sich mit Hilfe der Sternenblume und eines Zauberspruchs fast mit Lichtgeschwindigkeit an jeden Ort ihrer Wahl hinzubewegen. Um zum Startort zurückzukehren brauchen sie aber einen Vorrat an Zauberkraut...

Der Zauberkraut -Vorratstank

«Hey Schlufi, schau mich an! Fällt dir was auf?»
«Hmm ja. Eigentlich schon. Du hast gute Laune.»
«Nein, nicht das. Guck genau hin!»
«Oh ja, der Herr trägt eine Damentasche.»
«Vorratstasche, Schlufi, das ist eine Vorratstasche. Hä. Macht's bei dir ‘klick?»
«Du meinst doch nicht etwa…?»
«Doch genau! Ja. Da packen wir jeweils das Rückfahrticket hinein.»

Schlufis Gesicht wird plötzlich sehr nachdenklich, dann spricht er. "Weisst du, lieber Bruder, ich persönlich finde Handtaschen nur etwas für Frauen. Wir sind ja mittlerweile schon echte Kerle. Also ich finde, eine Handtasche passt nicht zu uns! Die würde dir ja dauernd um die Ohren fliegen, und unser Tempo drosseln. Nein Schlifi, das geht nun wirklich nicht! Wie willst du sie denn befestigen, oder hältst du sie etwa dauernd im Mund? Unter dem Panzer kannst du sie auch nicht festklemmen! Vergiss diese dämliche Tasche. Ich habe eine viel bessere Idee! "

"Wir kehren gar nicht mehr zurück. Überall auf dieser Welt ist es doch viel schöner, als in diesem trostlosen Hinterhof, wo wir abgehauen sind. "

Dämlich? Bessere Idee? Schlifi bekommt vor Wut über diese Aussage einen ganz roten Kopf.

"Mag sein, dass die Tasche etwas behindert", räumt Schlifi beleidigt ein, aber zurück müssen wir eh immer wieder. Wie zum Tanken. Schliesslich wächst die Sternenblume nur hier oben auf dem Zauberberg".

Hoppla. Ja, das hatte er nicht bedacht. Bei allem Aberwillen gegenüber dieser unmännlichen Damentasche.


"Ach Schlufi", jammert Schlifi, und ist dem Weinen nahe."
Nichts mehr erinnert an einen abenteuer-lustigen Kerl.
"Dauernd stehen wir vor scheinbar unlösbaren Problemen, und kein Krah in der Nähe! Aber benutzen wir unsere Hirnzellen, vielleicht lösen wir dieses Problem doch noch! "

Dann nach kurzer Zeit ein Aufschrei:
"Wow, Schlufi, es hat Klick gemacht,wie es doch noch gehen könnte! "

"Es rennen so viele Leute mit diesen Sportrucksäcken durch die Gegend. Das wäre was für uns superschnelle Typen, so einer würde zu uns passen. Was meinst du dazu ?"

Schlufi verdreht die Augen, aber meint dann: "Ja ich muss zugeben, Rucksack gefällt mir besser als Tasche. Wir könnten ihn rechts und links an den Schulterträgern befestigen und brächten jede Menge Vorrat hinein. Ein Vorteil wäre noch, dass wir beisammen wären bei diesem Tempo, und in die gleiche Richtung fliegen würden. Doch Schlifi, das scheint in Ordnung zu sein. Hey ich habe einen klugen kleinen Bruder!!!"


Wohin geht die Reise?

Aber, ohjee, da stehen sie schon wieder vor einem enormen Problem....

Zwar haben die beiden Weltenbummler im Grunde genommen denselben Wunsch: Sie möchten ans Meer. Im Detail jedoch könnten die Vorstellungen unterschiedicher kaum sein.
So heisst "Meer" beim einen Südsee und beim ändern Polarmeer. Meer sehen heisst faulenzen hier und Sport betreiben dort, Essen meint beim einen Mittelmeerküche und beim ändern ganz einfach "wie immer, aber sonnengereift"...
Endlos könnte man die Liste fortsetzen.
Ja, hier ist guter Rat teuer.

"So, nun machen wir aber Nägel mit Köpfen!" schreit Schlifi ganz plötzlich.
"Weisst du Schlufi, ich will endlich fliegen und Abenteuer erleben.Dieses ewige Gejammer und hin und her bringt uns sowieso nicht weiter! "

"Hör mir gut zu mein Bruder. Ich schlage vor, dass wir als erstes an ein Meer fliegen, das nicht so weit entfernt ist. Ich denke da an Italien, denn ich habe im Hinterhof mal ein Gespräch belauscht, über die Blumen -Riviera. Die schwärmten vom weissen, weiten Strand, warmem Wasser und endlosem Sonnenschein!"

"Hey hey", unterbricht nun Schlifi seinen Bruder, der vor lauter Aufregung und Vorfreude ganz rot geworden ist im Gesicht.

"Nicht zu weit, da bin ich einverstanden. Wir tragen ja genug Reserve mit uns, damit wir jederzeit weiter ziehen können. Aber muss es ausgerechnet Italien sein? Weisst du, mein Bruder, ich würde soo gerne über hohe Berge mit Schnee fliegen ..."

"Ich weiss nicht, ob wir das Reisetempo selber wählen können", zweifelt Schlufi. Wir haben ja keinen Bordcomputer. Und das letzte Mal ging's zap-zarapp.
Aber nach Italien führt der Weg, soviel ich weiss, über Schnee und Eis. Denken wir uns also eine beschauliche Reise über die Berge an die Blumen-Riviera. Halt dich wie angebunden am Rucksack fest und murmle mit mir den Zauberspruch. Und vergiss nicht das Feenkraut zu kauen!"

"Eiris sazun isidi,
sazun hera duoder.
Suma  insprinc hapadun,
suma blizzen muoder".

Luftlöcher, Sturz und zwei Vögel

"Wow, Schlufi, es klappt. Schau mal da unten." Fast hätte Schlifi vor Staunen den Rucksack los gelassen.

"Die kleinen Punkte das sind Menschen, die Bäume sehen auch ganz anders aus, und diese Linie dort ist ein Fluss, uiii uiii uiii!"

Sie kichern und scherzen, doch hoppla, was passiert nun?
Sie fangen an zu schlingern, und wirbeln nach allen Seiten, rauf und runter, nach rechts und nach links....
Nur kurz, dann ist der Spuk vorbei.

"Uff Schlifi, das war unser erstes Luftloch, gut dass wir uns festhalten konnten! Das haben wir zwei Typen ja gut gemeistert! "

Aber oh weh, kaum ausgesprochen kommt der nächste Schreck.

Vor lauter Staunen und Rufen ist ihnen das gekaute Kraut aus dem Mund gefallen. Nun trudeln sie im Höllentempo Richtung Erde.

"Oh weh, mir wird schlecht "jammert Schlufi und Schlifi flennt ganz leise vor sich hin. "Was geschieht nun jetzt schon wieder mit uns?»

Schwupp. Schwupp.
Zwei Riesenvögel, wie aus dem Nichts aufgetaucht, packen sich den Rucksack mit den beiden Passagieren und gleiten damit sanft und sicher zu Boden.

"Gerettet!!!" Die beiden komischen Riesen klatschen sich ein "Give me five" mit ihren beeindruckend grossen Federflügeln.

"Na, ihr beiden Bruchpiloten. Ihr habt sicher noch nicht lange euern Flugschein gemacht. Ha, ha, ha." "Und jetzt übt ihr anscheinend für das Tauchbrevet. Ha, ha, ha, ha." Die beiden Helfer halten sich vor Lachen ihre Bäuche.

"Macht euch nichts draus. Aller Anfang ist nun mal schwer. Wir sind übrigens Ul und Al, zwei Riesentukuvögel auf Flugpatrouille."
"Flugpatrouille?" wundert sich Schlifi. "Ja, wir müßen schauen, dass die Flugvorschriften eingehalten werden. Dass zum Beispiel niemand zu schnell fliegt."
Die beiden Schildkrötenbrüder schauen sich erschrocken an und Schlufi stottert: "A A ach so o. Übrigens ich heisse Schlufi und das da da das ist mein Bruder Schlifi. "

Die beiden Abenteurer erholen sich wie immer schnell, und Schlifi bedankt sich als erster.
"Ihr beiden Riesenvögel habt uns das Leben gerettet. Das hätte ein schlimmes Ende nehmen können, wenn ihr beide nicht in unserer Nähe gewesen wärt. Ich bedanke mich ganz, ganz fest für eure grossartige Hilfe!"

Nun meldet sich Schlufi ebenfalls: "Ja, dann hätten wir 'Adieu Abenteuer' sagen können, obwohl es noch nicht richtig angefangen hat. Wir würden euch gerne einen kleinen Gefallen erweisen, als Dankeschön für unsere Rettung. Was meinst du dazu Schlifi?"

Der nickt nur kurz mit seinem Kopf. "Ja, ja natürlich, alles bestens. "

"Ihr tut uns einen grossen Gefallen, wenn ihr in Zukunft etwas langsamer durch die Gegend fliegt," mahnt AI, und Ul schliesst sich dem an.

"Wir möchten euch nie mehr helfen müssen. Und - etwas Vorsicht wäre auch zu eurer eigenen Sicherheit! "

Die beiden Abenteurer senken ihre Köpfe, weil sie sich nun doch etwas schämen. Aber sie spüren  tief in ihrem Innern, dass es wahrscheinlich nicht ihr letzter Fehler gewesen ist...

Denn als die Vögel weg sind, da rumort es in den Hirnen der beiden. Und immer stärker schiebt sich ein Gedanke in den Vordergrund und der heisst 'Meer.

"Hey Schlufi. Weisst du, woran ich gerade denke?" " Meer?""Bingo!"
Und wie von einer Geisterhand getrieben, schnappen sich die zwei den Rucksack und "eiris sazun isidi.. " , eh sie sich's versehen, stehen sie vor dem Grossen Wasser. Genau so wie in ihren Träumen.

Verstohlen blicken sich die beiden aus den Augenwinkeln an, und ein riesiges Glücksgefühl überkommt sie: "Geschafft!"

Hubert, der Krebs

"He da, ihr beiden, könnt ihr bei euerm Freudentanz nicht schauen, wo ihr hintretet ?".

Erschrocken schauen die beiden in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Diese aber zettert weiter :"Nicht einmal in Ruhe seinen Mittagsschlaf kann man hier geniessen! Wer seid ihr beiden Neulinge überhaupt, habe euch noch nie gesehen? "

"Wir sind Schlifi und Schlufi, zwei Abenteurer die soeben gelandet sind. Aber was bist denn du für ein komisches Wesen, so etwas wie dich habe ich noch nie gesehen," fragen beide wie auf Kommando miteinander?

"Ich bin Hubert der Krebs, der Schrecken des Meeres. Meine Scheren sind die grössten weit und breit, alle kleinen Fische und andere kleine Lebewesen, fürchten sich vor mir. Wisst ihr, auch die Menschen, ob beim Schwimmen oder Laufen im Sand, erschrecken sich fast zu Tode, wenn ich sie kneife!
Hey, aber ihr seid wirklich geflogen, das glaube ich euch nicht. "

"Doch, doch." erwidert Schlifi, das kannst du ruhig glauben! " Und er möchte gerade zur Erklärung ansetzen, da krebst Hubert zurück:

"Ok, ok schon gut, ich glaube euch ja, ihr beiden Witzfiguren. Nun lasst mich bitte weiterschlafen, sonst kneife ich euch ebenfalls, macht euch auf die Beine, und haut endlich ab."


Seltsame Zeitgenossen, hier am Meer, wundert sich Schlufi.


Der unheimliche Riese

„Was meinst du, wenn wir schon einmal da sind könnten wir doch einen Schwumm wagen? Ich denke, das wäre voll cool!“ Und schon ist Schlifi ins Wasser  geplumpst, unter- und wieder aufgetaucht. „Uääh, ist das salzig!“ beklagt er sich. „Gruusig - aber das Wasser trägt mich gut. Sieh mal, ich gondle. O sole mio…“, trällert der kleine Bruder vor sich hin und wippt dazu, wie in einem Boot.
Jetzt wird auch Schlufi von der Neugier gepackt. Platsch. "Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön, tra la la..."  Zufrieden singend und in ihren Panzern paddelnd, den Rucksack an Land, geraten sie allmählich in immer tieferes Wasser. So merken sie auch nicht, dass sie schon längere Zeit von einem dunklen Schatten im satten Blau unter ihnen verfolgt werden.

"Bah, sieh mal Schlufi, "schreit Schlifi ganz erschrocken! "Ein Fisch so gross,wie ich noch nie einen gesehen habe! Komm lass uns umkehren, mir ist eh nicht mehr ganz geheuer, so weit draussen. "
Schlufi, der etwas vor sich hin trällert, schaut nun ebenfalls ins Wasser, und schwupps schon spritzt es nach allen Seiten.

"Hahaha, habe euch beiden Baby -Schildkröten wohl einen gewaltigen Schrecken eingejagt, nicht? Besonders schnell seid ihr ja nicht, und was macht ihr überhaupt so weit draussen? Seid ihr lebensmüde und wollt gefressen werden, hier lauern viele Gefahren? "

Schlifi ruft ärgerlich, "Lass uns doch in Ruhe, und nenne uns nie mehr Babys! Wir sind zwei mutige Abenteurer, die sich vor nichts fürchten!"

"Hahaha, ihr wollt Abenteurer sein, dann beweist mir euren Mut. Kriecht auf meinen Rücken, haltet euch fest, und dann geht's im Höllentempo aufs offene Meer hinaus." Huiiii!

Die beiden halten sich, so gut sie können, an der Rückenflosse des riesigen Hais fest. Das erfordert vollste Konzentration. Wenigstens schwimmt das Ungetüm an der Meeresoberfläche, so dass sie frei atmen können.  Immer  rasanter wird  allerdings das Tempo, immer höher werden die Wellen, die ihnen entgegenschlagen. "Halt, halt, stopp, nicht so schnell!" rufen beide, doch der Riesenfisch scheint nichts zu hören. Gischt zischt nach allen Seiten und spritzt sie klatschnass und klebrig. 
Dann bremst das Tier urplötzlich, so dass die beiden Schildkröten in hohem Bogen weggeschleudert werden und unsanft auf einer Sandbank landen.
„Ok, Alle Achtung . Hätte nicht gedacht, dass ihr so standfest seid. Test bestanden. Gute Voraussetzungen für Abenteurer. Passt aber gut auf euch auf. Überall lauert die Gefahr!"
Und er winkt ihnen mit der Schwanzflosse noch einmal zu und entschwindet in den Tiefen des Meeres so leise, wie er von da aufgetaucht war.

"He, blöder Kerl", ruft ihm  Schlifii hinterher   "warum wirfst du uns einfach ab? "

Aber ihr Transportmittel ist längst untergetaucht und weg.


Schlifi wird vom Wal verschluckt

"Schlifi bitte, hilf mir auf die Beine", jammert Schlufi, der auf dem Rücken liegt.
"Ach, hilf dir doch selber," antwortet Schlifi zornig", mir hilft auch niemand. "
"Ich bin sooo wütend", ärgert sich der Kleine weiter. "Nichts als Pannen und Ärger auf unserem Abenteuer -Trip. Hunger habe ich auch, aber nur den Mund voller Sand! So ein Mist, uäähhh, ich halte das nicht mehr aus!!!!"

Schlufi, der sich inzwischen aufgerappelt hat,
und nicht verstehen kann warum sein Bruder so wütend ist, meint versöhnlich:
"Hey, mein Kleiner, reg dich ab, komm lass uns eine Sandschlacht veranstalten, das wird lustig. Du wirst sehen, juhuiii! "

"Nein, ich mag keinen Sand mehr sehen", antwortet Schlifi gehässig. "Ich haue jetzt ab ins Wasser, und spüle mir allen Sand vom Körper, egal wieviel Salzwasser ich auch schlucken werde." Und -schwupps - ist er auch schon drin.

Die  Strömung treibt ihn rasch aufs offene Meer hinaus. Da - plötzlich taucht hinter der Schildkröte ein riesiges Loch auf. Klar erkennt Schlufi vom Ufer aus das weit geöffnete Maul eines Wals auf der Suche nach Beute. "Pass auf, Schlifi, hinter dir!!!!"
Schlufi ruft so laut er kann, doch sein Bruder scheint ihn nicht zu hören. Verzweifelt gestikuliert er mit den Armen und ruft und schreit. Es nützt alles nichts. Sein Bruder reagiert nicht.
Und das Riesenmaul des Ungetiers klappt unerbittlich zu. Schlifi verschwindet mit einem Schwall Wasser im Innern des Wals.

Erschrocken und mit offenem Mund steht Schlufi da und kann nicht glauben, was soeben passiert ist. Tränen schiessen ihm in die Augen und er beginnt zu schluchzen. Wie ein Häufelchen Elend setzt er sich ans Ende der Sandbank und weint und weint.

Ein alter Bekannter taucht auf

"Kra, kra". Der Ruf lässt ihn aufhorchen. War das nicht die Stimme von Krah?

"He, Kumpel", begrüsst der Vogel die Schildkröte, "bist du Badeaufseher geworden? Ha,ha,haaa. Wo ist denn dein Bruder hin? Probiert der am Ende das Zauberkraut als Single-Tagesblitzkarte aus? Ein Wettrennen? Sehr gut. Hab mir gedacht, ich müsse wieder einmal nach euch schauen. Hattet ja bisher oft zwei linke Hände – und Füsse. Ha,ha, haaa."
Der Vogel scheint zum Scherzen aufgelegt. Die Freude über das Wiedersehen ist ihm deutlich anzumerken.

"Ich sehe, es haut dich nicht gerade aus den Socken, mich hier zu sehen", spricht Krah. "Weisst du eigentlich wie lange ich gebraucht habe, euch zu finden? Ich sehe, du scheinst betrübt zu sein. Wo steckt eigentlich dein Bruder? Scheint sich daongemacht zu haben, dieser Spassvogel."

"Schli -lililifi schw -iiimmt im B-bbbauch di-didieses grossen Walfisches. Den hast du doch bestimmt gesehen", wimmert Schlufi kläglich! "Nun hocke ich alleine da, und habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll!"

"Ich fasse es nicht, nein, ich fasse es einfach nicht", schreit Krah. "Ein paar Tage ohne mich, und schon geschieht ein Unglück. Es wundert mich, dass ihr es überhaupt bis hierhin geschafft habt!
Hey, und wo ist euer Retourbillet, der Rucksack? Ist wohl auch verloren gegangen? "

"Nein", ruft Schlufi, "der liegt irgendwo am Strand."

"Hahaha, "irgendwo am Strand, "äfft Krah Schlufi nach. "Einfach liegen gelassen, typisch für euch beiden! Aber lassen wir das, ich werde ihn später suchen und an einen sicheren Ort bringen.
Jetzt geht es erst einmal darum, deinen Bruder wiederzufinden."

Ein wenig Hoffnung schöpfend blickt Schlufi den schwarzen Vogel von unten an...

Im Walbauch

Während dem die beiden die Situation besprechen, schwimmt Schlifi im Bauch des Wals in den Tiefen des Ozeans. Er ist mit einer kräftigen Portion Meerwasser in das Innere des riesigen Tiers gespült worden und etwas unsanft im Magen mit mehreren Fischen und anderem Meeresgetier gelandet. Einige von ihnen haben das Manöver überlebt. Unter anderem eine Gruppe von Leuchtquallen, die den Wal von innen her ausleuchten.

"Wen haben wir denn da?" ächzt aus einer Ecke ein Tier mit etlichen langen Armen. "Ich bin Schlifi, die Schildkröte - und wer bist denn du?" "Mein Name ist Rakka, die Krake aus dem Hellermeer. Ich lebe schon seit einiger Zeit hier und freue mich jedesmal, wenn der Wal sein Riesenmaul aufmacht. Dann gibt es nämlich frisches Essen: lecker Garnelen, Krabben, Muscheln und Fische. Aber Schildkröten, nein, die hab ich bisher noch nie gegessen." Und voller Vorfreude auf eine unbekannte Mahlzeit streckt die Krake gierig vier ihrer acht Arme in Richtung Schlufi aus und beginnt hell zu leuchten, wie es eben nur gewisse Krakendamen können.

Erschrocken zieht sich Schlifi in seinen Panzer zurück. Die Krake packt ihn und führt die Panzerkugel an ihren Mund. Sie findet aber nichts Essbares daran und wirft sie in hohem Bogen wieder weg. "Uääh. Ungeniessbar!" Zum zweiten Mal landet Schlifi höchst unsanft auf dem Boden im Fischsbauch.

"He, was soll das?" keift er gehässig, während er sich wieder aus seinem Panzer schält. "Sorry, ich hab' dich für Futter gehalten", schnalzt Rakka , die sich zwei Makrelen gepackt hat und genüsslich futtert. "Probier auch mal, oder wenn's du lieber vegetarisch hast, dort hinten liegt jede Menge Pflanzenmaterial, das darauf wartet, vom Wal verdaut zu werden..."

Au ja, endlich wieder was futtern. Das ist Musik in Schlifis Ohren und schon sitzt er schmatzend mittendrin im reichhaltigen Futterangebot.

Die Suche nach Schlifi

Unterdessen haben Schlufi und Krah sich gegenseitig ausgetauscht und sind überein gekommen, dass sie beide als erstes den Wal, der Schlifi verschluckt hat, wiederfinden müssen.

Kaum fertig besprochen, macht es "schwupp", und beide sind unter einem Netz gefangen.

"Hähähä", krächzt die Stimme eines Mannes, "Schildkrötensuppe und gebratener Vogel, das ist genau das was heute auf meinem Speiseplan steht!"

"Du spinnst wohl",schreit Krah ausser sich vor Zorn. "Nichts damit, verspeist zu werden, du hinterhältiger, gemeiner Kerl", und er pickt wie wild um sich. Nach kurzer Zeit lösen sich die ersten Maschen, und es entsteht ein grosses Loch. 

Wie wild fliegt Krah auf diesen Kerl zu, und pickt ihn tüchtig in seinen Schädel.

"Hilfe, Hilfe, aufhören, das tut weh", schreit dieser, und das Boot schaukelt bedenklich. Diesmal macht es "platsch". Der Fischer fällt ins Wasser und der schwimmt, so schnell er kann, dem Ufer zu. Über ihm kreisend ein wütender Vogel...

In grossem Bogen kehrt der Rabe zurück zum Boot. "So, der ist für eine Zeit lang ausser Gefecht", krächzt Krah. Schlifi hat sich unterdessen auch aus dem Netz gestrampelt und sitzt erschöpft in einer Ecke.
"Ich mache mich nun auf die Suche nach dem Fisch, der deinen Bruder verschluckt hat. Habe ich ihn gefunden, kehre ich zurück. Dann werden wir weiter sehen!"

Schlufi, der vor lauter Schreck immer noch nicht klar denken kann, wimmert leise vor sich hin. "Ich will zu meinem Bruder, schluchz...ich will mit ihm zusammen sein, huhuhu. "

"Nur keine Panik mein Freund. Nicht traurig sein, ich finde deinen Bruder, und rede mit seinem Entführer, dass er ihn frei lässt, sofern Schlifi befreit werden möchte! Das ist eh kein Futter für diesen Meeressäuger.Der ist viel zu hart. 

Hey Schlifi,  wird alles gut. 

Also tschüss bis bald!" Er hebt die Flügel und fliegt davon....

Land in Sicht

Im Walbauch haben sich die Krakendame Rakka und unser Abenteurer Schlifi näher bekannt gemacht. Schlifi hat ihr fast seine ganze Lebensgeschichte erzählt. Und mit einem tiefen Seufzer beendet.

„So wie ich das Ganze sehe, wärst du gerne wieder bei deinem Bruder. Dem Schlaraffenland hier drinnen zum Trotz", meint Rakka und schiebt sich genüsslich einige Crevetten in ihren Schlund. „Könnte man so formulieren", erwidert der Schildkröterich mit sehnsüchtig starrem Blick in die Ferne.

In genau diesem Moment geht ein gewaltiger Ruck durch den Wal. Alles fliegt in eine Richtung. Nach vorn. Schlifi würde sich gerne irgendwo festhalten. Aber wo? Es geht zu du her wie im hölzigen Himmel. Was unten war ist oben, was hinten: vorn. Ein Gruss vom Magen des Meeressäugers schiesst an ihm vorbei In Richtung der Zähne des Umgetüms. Das Riesenmaul öffnet sich krachend. Au Wei.

Der Wal ist gestrandet.